Großartig und ergreifend – Oratorium ELIAS von Mendelssohn

Foto: Thomas Nitsche

Ein umfangreiches Chorprojekt für alle Beteiligten mit drei Aufführungen an drei Orten und ein eindrückliches musikalisches Erlebnis für die Zuhörer: zusammen mit anderen hochkarätigen Musikern führte der Werler Madrigalchor am vergangenen Samstag, 18.11.23 den “Elias” in der Wallfahrtsbasilika auf. Auf diesen strahlenden Schlussakkord hatten alle Beteiligten lange warten müssen, bevor die Zuhörer in minutenlangen Standing ovations einstimmten und vorne im Altarraum ebenfalls nur frohe Gesichter zu erblicken waren, weil die über zwei Stunden dauernde Musik ihre Herzen mit Freude und Begeisterung füllte. Dieses Oratorium über die Geschichte des biblischen Propheten, 1846 uraufgeführt, gehört zu den bekanntesten Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy.

Was die Faszination dieses Stückes für einen Chor ausmacht, beschreibt der Leiter des Madrigalchores, Jörg Segtrop: die vielen lautstarken, hymnischen, ja mitreißenden Passagen, aber dann auch wieder ein ganz leiser Ausdruck. Die Komposition lote in jeder Hinsicht die Extreme aus. Und ist deshalb eine große Herausforderung für jeden Chor: “Allein schon der riesige Umfang, auch ein guter Chor braucht lange, um das alles einzustudieren.” Segtrop hat sich diese Aufgabe mit seinen Sängerinnen und Sängern gesetzt. Weil er die evangelische Kirchenmusikern Meike Pape schon lange kennt und mit ihr zusammenarbeitet, entstand die Idee zur gemeinsamen Umsetzung des “Elias”. Neben der dortigen Martin-Luther-Kantorei Hemer nahm sie noch den Wittener Bach-Chor ins Boot, den sie ebenfalls leitet. Die Komposition sieht einen riesigen Chor vor und ist auch logistisch und letztlich finanziell einfacher umsetzbar, wenn mehrere Chöre beteiligt sind. So hatte jeder Chor ein “Heimspiel” mit “Elias”, in Witten war das bereits vor einer Woche, in Hemer folgte am Sonntag.

120 Sängerinnen und Sänger standen auf dem Podest im Altarraum des Gotteshauses und vor ihnen als Dirigentin Meike Pape. Jörg Segtrop selber spielte Trompete im Orchester “Musica antiqua Markiensis”, welches er sonst leitet und welches sich aus einem festen Kern wie auch projektweise Musizierenden zusammensetzte, die für das Oratorium teilweise aus den Niederlanden angereist waren. Kurzfristige Wechsel kurz vor den Konzerten musste es krankheitsbedingt bei den Solisten am Gesang geben: Tenor Jörg Herrfurth wurde von Fabian Strotmann ersetzt. Den Part des ebenfalls ausgefallenen Knabensopran Benno Potthoff übernahm Sopranistin Merle Bader. Hinzu kamen noch Dagmar Linde (Alt) und Gerrit Miehlke (Bass). Die vier Solisten erfüllten allesamt ihren Part mit hervorragender Stimmfarbe. Die Sopranistin mit klarem, hellwarmen Ton, den sie in der Rolle der Witwe, bis hin zum fortissimo aussingt und so das Leid zum Ausdruck bringt, da ihr Kind stirbt. Die grandiose Stimme des Tenors begeisterte die Zuhörer, war bis in die letzten Reihe klar durchhörbar und seine sichere und beeindruckende Stimmfarbe passte perfekt in die Reihe des Solistenquartetts.

Foto: Thomas Nitsche

Als Elias hatte die Bassstimme freilich den größten Anteil und überzeugte gesanglich mit einer deutlichen und kräftigen Präsenz. Im ersten Teil des Werkes zeigt er mit seiner Stimme einen starken, kämpferischen Propheten, der sich auflehnt gegen die Vielgötterei. Im zweiten Teil drückte er einen resignierenden, lebensüberdrüssigen Elias aus, der erst nach einer Zeit in der Wüste am Tiefpunkt seines Lebens ruft: ,,Es ist genug“ und damit die Zuhörer zu Tränen rührte. Die Altistin sang nicht nur ihren Part mit warmer, eindruckvoller Stimme, sondern agierte auch mit dem Publikum und dem Chor, der auf ihre Passagen hin antwortete…,,Wir haben es gehört“. Das Oratorium lebt von dem Wechsel aus solistischen Rezitativen, in denen meist die Handlung erzählend vorangetrieben wird, kunstvoll ausgeschmückten Arien voller Emotion und den mehrstimmigen Chorpartien.
Die Passagen waren vielfach mitreißend, hymnisch, mit Fanfaren der Blechbläser unterstützt, als es mit Text mehrfach wiederholt lautete”: Fürchte dich nicht!”

An anderer Stelle brachten flirrende Streicher Unruhe, Bedrohung und Angst zum Ausdruck oder die verschiedenen Chorstimmen fielen atemlos und aufgeregt nacheinander ein als das Volk danach trachtete, Elias zu töten. Inhalt und Stimmung werden überhaupt immer wieder in Musik übersetzt: beim Feuer, das vom Himmel herab lodert, rast auch die Melodie des Orchesters nach unten und als Engel Elias trösten und Hoffnung spenden, klingt das wie ein traumhaft schönes Wiegenlied. Besonders herausstechend auch die vielleicht bekannteste Melodie des Oratoriums: bei “Wirf dein Anliegen auf den Herrn” sangen die vier Solisten gemeinsam. All das endete nach über zwei Stunden in einem gewaltigen “Amen” des Schlusschores, der die ehrwürdigen Werler Gemäuer erzittern ließ, dem dann schließlich ein letzter gewaltiger Klang durch minutenlange Standing Ovations folgte. Absolut verdient in einer voll besetzten Basilika. Gute Tradition beim Madrigalchor hat auch die Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium am Tag vor Heiligabend. Die Kantaten 1 sowie 4 bis 6 erklingen am 23.12. ab 19.30 Uhr in der Propsteikirche in Werl.

Text: Alexander Lück
Fotos: Thomas Nitsche